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 Angemessenheitsverwaltungskarte (1996)

"Hast du deine Fristverlängerung schon?"
"Gut dass du mich daran erinnerst, denn ich war gerade so mit meiner Angemessenheitsbescheinigung beschäftigt, dass ich darüber doch tatsächlich vergessen hab', dass ich den Vordruck für Führungskräfte der Berliner Wirtschaft nur fristgerecht beim Amt für Wirtschaft und Technologie abgeben kann, wenn mir dort das vorgesehene Formular zur Bestätigung des Einkommens und die damit verbundene Fristverlängerung seitens des Finanzamtes (um nicht vor Ablauf der Abgabepflicht Steuern zahlen zu müssen) erteilt wird oder zumindest der Eingangsstempel unter die dafür nötigen Anträge gegeben werden. Das setzt natürlich voraus, dass ich schon ein Vorgespräch mit dem zuständigen Amtsleiter hatte, der allerdings leider entweder in einer dringenden Besprechung ist oder aber im Aussendienst zu tun hat. Aber nicht einmal der Sekretärin, im Vorzimmer des Antragsleiters, konnte ich den Bestätignungsstempel abschwatzen, denn leider war der Stempel für diesen Vordruck gerade zu Tisch. Ein Glück konnte ich die Zeit damit überbrücken mich im Amt für Grund- und Erbpachtfragen mit ein paar Sachbearbeitern verbinden zu lassen, von denen einige schon nach dem siebenundzwanzigsten Klingeln den Hörer abnahmen, um mich dann in die Warteschleife weiterzuleiten. Leider unterbrach dann aber ein übereifriger Beamter das schöne Glockenspiel schon nach neunzehn Strophen, um mir dann die Durchwahl des Gruppenleiters der Abteilung zu diktieren, die aber wie sich herausstellte die Nummer des Inspektors für Sachfragen war. Und wie geht es dir so? Nanu, wo ist er denn auf einmal?"  

Eingeweihte (1978)
 

Die Musik spielt.
Der Wecker tickt.
Die Kerze knistert.
Der Verkehr rauscht
und jedes Geräusch versucht sich in den Vordergrund zu spielen. Ein
Kampf in dem abwechselnd jedes einmal die Oberhand gewinnt. Dann wieder
alles in sich verschwimmend, mischt sich ein neues vorher noch nicht da
gewesenes Geräusch unter die Anderen. So fängt dieses Spiel wieder von
neuem an, aber diesmal mit einem Kämpfer mehr und mit einem neuen
Musiktitel. Dieses Mal versucht die Musik mit einem guten Groove zu
fesseln und eine eigentümlich anmutende Stimme säuselt eine angenehme
Melodie, doch der Wecker läßt sich nicht aus dem Rythmus bringen.
Unermüdlich versucht er mit seiner eintönigen Gleichklang die anderen
aus der Reserve zu locken. Die Interpretin versucht auch schon mit einem
neuen Lied den Kampf gegen das Autogeräusch aufzunehmen. Die Autos
fahren lauter denn je und geben ihr Bestes, der Wecker versucht sich
einzumischen. Die Kerze die bisher kaum jemand ernsthaft wahrnahm
knistert auch schon etwas trauriger, allerdings mit nicht nachlassender
Ausdauer. Die Sängerin versucht es nun mit einer lauten Schreipassage,
kann sie aber nicht lange durchhalten. Der Vorrat an neuen Stücken wird
auch nicht mehr lange reichen. Die Autos rauschen unterstützt von einem
Motorrad und scheinen gerade im Aufwind zu sein. Doch was war das ? Der
Wecker, und damit hat keiner gerechnet, hörte soeben auf zu ticken. Sein
Geräusch verstummte mit solch einer vehements, daß alles erst einmal
stockte, aber angetrieben durch die Gewißheit, den ersten schon aus dem
Rennen gebracht zu haben, flammte allseits ein sturmartiges Gepolter,
Geknister und Gekreische auf. Nun waren sie zu Dritt, aber nein, da war
ja noch der geheimnisvolle Vierte. Die Kerze knisterte etwas stolzer und
richtete sich ein wenig auf. Die Autos waren plötzlich nur noch ganz
entfernt wahrzunehemen. Hatten sie sich verausgabt? Da ertönte auch das
letzte Lied und drohte dem Ende zuzugehen. Da kippte der Docht der Kerze
und ... aus! Die Flamme erlosch und im selben Moment  verklang das
letzte Lied. Vorbei!
Keiner der starken Laute hielt ihm stand, denn da war es, das letzte
Geräusch, welches sich die ganze Zeit im Hintergrund hielt. Ein
lieblicher Klang mit vielen Varianten.
"Stille" wird es von den wenigen Eingeweihten dieser Stadt genannt.
 
Baumtraum (1997)

Neulich sah ich in 'nem Traum
einen eingezäunten Baum,
der gerne auf der Strasse stehen wollte,
weil's da soviel zu sehen geben sollte.
Davon war er so besessen,
und hatte dabei fast vergessen,
dass er im Wald angewurzelt war,
doch wurde es ihm wieder klar.
Und damit er immer daran denkt,
hat er sich den Zaun geschenkt.

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